Gleichberechtigung durch Telearbeit – eine verpasste Chance?
- 05 Jul 2022
Geschrieben von Heike Schönmann
Frauen sind in der Technologiebranche nach wie vor unterrepräsentiert
Der Digital Leadership Report der Harvey Nash Group aus dem Jahr 2021, die weltweit größte und am längsten laufende Umfrage unter führenden Entscheidungsträgern im Technologiebereich, zeigt ein deutliches Bild: Der Anteil von Frauen in der technischen Führung ist gegenüber den Vorjahren praktisch unverändert (12 Prozent), während der Anteil von Frauen in den Technologieteams insgesamt ebenfalls ungefähr gleich bleibt (24 Prozent). Auf diesem Niveau bewegen sich die Zahlen seit vielen Jahren.
Insgesamt scheint es um das Thema Diversity in der Technologiebranche schlecht bestellt:
- Fast sechs von zehn Technologieführern (59 Prozent) geben an, dass ihre Organisation keinen Lenkungsausschuss für Inklusion mit echten Befugnissen hat.
- 42 Prozent haben keine Unterstützungsnetzwerke für Mitarbeitende geschaffen und 36 Prozent haben keine Inklusionsschulungen oder -kommunikationen durchgeführt.
- Bei denen, die dies getan haben, ist die Meinung, ob sie erfolgreich waren, gespalten.
- Die große Mehrheit hat keine verbindlichen Quoten für Kandidat:innen (75 Prozent) oder Einstellungsentscheidungen (79 Prozent) implementiert.
Schon in der Ausbildung ist deutlich zu erkennen, wie wenig die MINT-Fächer Mädchen und junge Frauen ansprechen. In der Sekundarstufe I können sich beispielsweise nur 8,3 Prozent der Mädchen vorstellen, später in einem MINT-Beruf zu arbeiten. Bei den Studienanfänger:innen in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern ist der Frauenanteil im Jahr 2020 mit über 50 Prozent vergleichsweise hoch, in Elektro- und Informationstechnik mit 16,3 Prozent und Informatik mit 22,9 Prozent aber nach wie vor niedrig.
Doch woran liegt das mangelnde Interesse?
Traditionelle Rollenbilder und familienunfreundliche Arbeitsbedingungen
Die Gründe für die immense Unterrepräsentation von Frauen im IT-Bereich sind vielseitig. Häufig beginnen sie schon in der Schulbildung, wo Stereotype vorherrschen, die Mädchen den Zugang zu Fächern wie Informatik erschweren. Später fehlt es in vielen Unternehmen schlicht an weiblichen Vorbildern in Führungspositionen.
Spätestens seit der Corona-Pandemie verstärkt sich noch ein weiteres Problem: Studien zeigen, dass der Zeitaufwand im Haushalt und der Care-Arbeit gerade für Frauen enorm zugenommen hat. So wird es besonders in Zeiten von unstabiler Kinderbetreuung immer schwieriger, Familie und Beruf unter einen Hut bekommen – eine Problematik unter der statistisch eher die Karrieren von Frauen, als die von Männern leiden. Das Weltwirtschaftsforum zeigt sogar, dass im internationalen Maßstab die Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern im letzten Jahr zugenommen haben.
Die große Chance der Telearbeit
Im aktuellen Women in Tech Report von Kapersky gab fast die Hälfte der befragten Frauen an, lieber von zu Hause aus tätig zu sein. 46 Prozent waren der Meinung, dass die Gleichstellung der Geschlechter erleichtert würde, wenn Teams remote arbeiteten. Die Arbeit im Home Office erleichtert es vielen, privaten und beruflichen Anforderungen gerecht zu werden und ihren Arbeitsalltag an individuelle Herausforderungen anzupassen.
Die Corona Pandemie und die damit einhergehende plötzliche Dringlichkeit, berufliche Zusammenarbeit zu digitalisieren, hat aber auch gezeigt: In vielen Unternehmen mangelt es noch an Strukturen, um Home Office reibungslos zu gestalten und den Mitarbeitenden damit maximale Flexibilität zu bieten.
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