Work Life Blending: wenn Arbeit und Privatleben verschmelzen
- 06 Feb 2022
Geschrieben von Heike Schönmann
Digitalisierung, New Work, Industrie 4.0 – die Arbeitswelt, wie wir sie kennen, befindet sich in einem ständigen Wandel. So auch die Beziehung von Beruf und Privatem. Work Life Blending nennt sich das Verschmelzen von Arbeits- und Privatleben, wie es bereits viele Arbeitnehmer*innen tagtäglich leben.
In dieser Arbeitsform werden Teile der Arbeit im Home-Office erledigt, während im Gegenzug in der Arbeitszeit auch private Angelegenheiten geklärt werden dürfen. Für die Einen ein Schreckgespenst, mit dem gewinnmaximierungsorientierte Manager*innen ihre Mitarbeiter:innen zu noch mehr Arbeit bringen möchten, für die Anderen ein wichtiger Schritt in Richtung einer humanisierten und selbstbestimmten Arbeitswelt.
Eine Studie unter remote arbeitenden Mitarbeiter*innen aus kleinen und mittelständischen Unternehmen hat ergeben, dass über die Hälfte (53 Prozent) der Mitarbeitenden berufliche Anrufe vor oder nach den Arbeitszeiten durchführen, 48 Prozent arbeiten am Wochenende. Die Work-Life-Balance wird von den Befragten zu Hause besser bewertet, die Sichtbarkeit der Arbeit und Karriereentwicklungen jedoch schlechter. 54 % der Arbeitgeber haben es versäumt, mit ihren Mitarbeiter*innen über ihr psychisches Wohlbefinden zu sprechen. 44 Prozent der Angestellten erleben zu einem gewissen Grad einen Burnout, seit sie im Home-Office arbeiten.
Maximale Flexibilität und Selbstbestimmung
Doch was treibt die Befürworter*innen der Aufhebung strikter Grenzen zwischen Privatem und Arbeit an? An erster Stelle steht hier für viele die maximale zeitliche und räumliche Flexibilität, die das Work Life Blending bietet. Gerade für Eltern gestaltet sich so die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die häufig an dem Konflikt zwischen der Inflexibilität beruflicher Strukturen und der Spontanität des familiären Lebens scheitert, wesentlich einfacher. Für manche mag die Entkopplung von Zeit und Ort sogar die Voraussetzung sein, am Arbeitsleben teilzunehmen – beispielsweise aufgrund von Erkrankungen. Work Life Blending ermöglicht es, dass jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer das eigene Arbeitsleben an die persönlichen Präferenzen anpassen kann. Ein solches Maß an Selbstbestimmung steigert sowohl die Zufriedenheit als auch die Produktivität der Mitarbeitenden. Darüber hinaus ist es schon jetzt in vielen Unternehmen eine Selbstverständlichkeit, dass Mitarbeitende auch in ihrer Freizeit erreichbar sind. So zeigte eine Studie des Kölner Markt- und Organisationsforschungsinstituts YouGov, dass 22 Prozent der Befragten circa einmal im Monat an Wochenenden oder Feiertagen für ihre Arbeitgeber:innen tätig seien. Weitere 20 Prozent arbeiten sogar mindestens einen Tag an jedem Wochenende[1]. Warum also nicht das schon Bestehende in ein Konzept geben, das es den Mitarbeitenden erlaubt, sowohl im Arbeits- als auch im Privatleben flexibel zu sein?
Überstunden und fehlende Kommunikation
Doch was sagen jene Menschen, die gegen das Verschmelzen von Arbeit und Privatleben sind? Ein wichtiger Kritikpunkt ist die Angst vor Ungleichgewicht. Was, wenn sich nur das Private an die Arbeitswelt anpasst, auf Kosten der privaten Zeit? Steigende Arbeitszeiten durch die Dauererreichbarkeit könnten zu Überstunden und schließlich auch zu einer gesundheitlichen Belastung der Mitarbeitenden führen. Auch die interne Kommunikation und der Austausch im Team könnten darunter leiden, dass im Extremfall nie alle zur gleichen Zeit am gleichen Ort sind. Kritiker*innen befürchten, dass es sich beim Work Life Blending nur um eine Strategie handelt, um Kosten durch Desksharing zu sparen und die Produktivität der Mitarbeitenden ohne Rücksicht auf ihre Gesundheit und ihr Privatleben zu maximieren. Auch viele Arbeitnehmer:innen stehen dem Konzept noch kritisch gegenüber: Zu diesem Ergebnis kam die Umfrage Talents & Trends, für die mehr als 600 Berufstätige befragt wurden. 64 Prozent der Befragten halten es nur durch eine strikte Trennung von Arbeit und Freizeit für möglich, keinen der beiden Bereiche zu vernachlässigen. Fast 70 Prozent sind der Meinung, dass bei einer Verschmelzung das private Leben mehr leidet und die Arbeit in den Vordergrund rückt. 40% geben bereits an, durch Work-Life-Blending regelmäßig Überstunden machen zu müssen [1] .
Die richtige Umsetzung
Es zeigt sich also, dass es nicht so einfach ist, zu sagen, ob es sich bei Work Life Blending um Fluch oder Segen handelt. Vielmehr scheint es auf die Umsetzung des Konzepts anzukommen. Der Erfolg einer derart flexiblen Arbeitswelt steht und fällt mit der richtigen Ausführung und das Aufheben klarer Grenzen zwischen Beruf und Privatem kann immense Vorteile mit sich bringen. Doch wie gelingt eine solche Ausführung und was sagen die Mitarbeitenden dazu?
Nextexitfuture bietet Coaching für Beschäftigte in Fach- und Führungspositionen, um mit Work Life Blending besser umgehen zu können und um persönliche Lösungen zu erarbeiten.